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Self-Publishing: die Masse macht's (nicht)

Vor elf Jahren habe ich angefangen, als Self-Publisher Bücher zu veröffentlichen. Keine zwei Jahre später, Ende 2014, erklärte ich das ganze Projekt für gescheitert. Eine Retrospektive - Teil 2


Planlos mit Karte

Erst nachdem sich mein erstes E-Book "Stillmanns Münzen" nicht sofort verkauft hatte, wurde mir bewusst, dass ich noch eine Menge zu lernen hatte. Das klingt blauäugig und genau das war es auch gewesen. Denn tief in mir drinnen hatte ich es mir so sehr gewünscht und darauf gehofft, dass sich diese Novelle von selbst verkaufen würde. Die Leute würden darauf aufmerksam werden, einfach so.

 

Ist das nicht der Wunsch von allen, die schreiben und ihre Texte auch veröffenlichen wollen? Scharen von Menschen warten nur darauf, dass du dein erstes E-Book auf den Markt bringst. Natürlich handelt es sich dabei um den besten Text, der je geschrieben wurde. Die Menschen kennen dich nicht, aber sie wissen, wo sie dein Werk finden. Einfach weil ... nein, so läuft das Ganze nicht, und das wissen wir alle.

 

Was sollte ich also tun?

 

Ich weiß nicht mehr, wann genau, aber ich hatte da plötzlich diese genialische Idee: ich würde noch weitere E-Books veröffentlichen, Kurzgeschichten, Erzählbände, Kapitel aus Romanen, die ich dann später vollständig veröffentlichen wollte. Ausreichend Material war über die Jahre schließlich entstanden. Ich wollte eine Backlist erstellen, mehr Sichtbarkeit schaffen. Also entwickelte ich planlos mit Karte ein erstes Konzept und veröffentlichte innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums folgende Titel:




Endlich Marketing

Ich würde diese Cover nicht unbedingt als hässlich bezeichnen, aber sie sind auch weit davon entfernt, potentiellen Lesern die Augen zu öffnen. Hiermit stelle ich also die ehrliche Frage: hättest du Interesse an eines von diesen Büchern nur aufgrund ihrer äußeren Erscheinung gehabt? Ich befürchte nicht. Doch die Cover sind immer nur ein Teil des Problems, dieser unheiligen Trinität der Self-Publisher.

 

Die Rechtschreib- und Grammatikfehler einmal beiseite gelassen, denn selbst wenn meine Geschichten ein perfektes Innenleben genossen hätten, ach, was sage ich, auch dann, wenn ich Cover geschaffen hätte, die in ihrer brillanten Schönheit kein zweites Mal existierten, ich wäre noch immer ein unbekannter Autor gewesen.

 

Was mir fehlte, was jedem fehlt, der erst noch bekannt werden muss, war Sichtbarkeit. Ich würde endlich Marketing erlernen müssen, was auch immer das heißen mochte. Die Veröffentlichungsplattform KDP bietet bis heute ein Tool, mit dem man seine E-Books fünf Tage pro drei Monate kostenlos anbieten kann. Entweder am Stück oder auch über einen längeren Zeitraum verteilt.

 

Ich kam also auf die glorreiche Idee, diese fünf E-Books, deren Cover ihr hier genießen dürft, für genau diese fünf Tage kostenfrei anzubieten, nicht gleichzeitig, wenigstens das. Und ich hoffte natürlich darauf, dass ich nun gelesen wurde, dass es positive Rezensionen regnete und ich auf den Bestseller-Listen landete.

 

Der heutige Eintrag könnte also auch "Blauäugig" heißen, und vielleicht muss man das sein, zumindest am Anfang. Um sein Lehrgeld zu zahlen. Beinahe hätte mich das Ganze desillusioniert. Aber zum Glück wusste ich nicht, was ich sonst tun sollte. Ich wollte vom Schreiben leben, also ließ ich mir keine andere Wahl als weiterzumachen.

 

Die kostenlosen Aktionen jedenfalls hatten mir nicht viel mehr beschert als ein paar Download-Zahlen und erste, meist durchwachsene Rezensionen. Hier war ich an etwas vollkommen Neues geraten, das mir sehr unangenehm war: die Jagd nach Anerkennung. Denn ich bin nicht der Typ, der andere anspricht und sagt: "Guck mal, was ich gemacht habe. Vielleicht gefällt dir das. Willst du es kaufen?"


Nicht mehr als Fünf

Nein, ich bin der Typ, der in seinem stillen Kämmerlein sitzt und schreibt, bis er mit einer Geschichte fertig ist. Und das Ende der einen führt dann meistens zum Anfang der nächsten Geschichte. Zwischendurch lese ich meine Geschichten sehr gerne vor, im Rahmen von Lesungen, im kleinen Kreis oder auch nur vor einer Person. Ich liebe es, Geschichten zu erzählen. Doch meine Geschichten aktiv zu verkaufen wie ein Marktschreier, das wollte ich nie. 2013 habe ich dahingehend meine Jungfräulichkeit verloren.

 

Neben den kostenlosen fünf Tagen veröffentlichte ich meine ersten und bisher einzigen, eigenen Pressemitteilungen. Auch sie sind nicht mehr als Fünf geworden. Diese Arbeit war sinnlos und seelenlos. In jeder einzelnen Pressemitteilung lässt sich der Schauer entdecken, der über meinen Körper zog, als ich mir Worte aus den Fingern sog. Du kannst sie noch heute auf OpenPR nachlesen. Klick auf den Screenshot auf eigene Gefahr.


Aus der Rubrik "Das Internet vergisst nicht"
Aus der Rubrik "Das Internet vergisst nicht"

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