Lieber William,
es war kurz vor meinem siebzehnten Geburtstag, als dein fünftes Album erschien und ich damit deine Musik für mich entdeckte.
Dazu muss man natürlich gleich erwähnen, dass "Cyberpunk" ein ungewöhnliches Album war. Vor allem musikalisch für dich, weil du dich damit von deinem etablierten Power Pop und Classic Rock mit deiner dir eigenen Prise Dance Punk entfernt und damit vielen Fans anscheinend vor den Kopf gestoßen hattest. Wie gut für mich, dass ich das Album ohne Vorkenntnis erleben durfte. Ich glaube, ich kannte nur "Cradle of Love" von dir (was ich klasse fand).
"Cyberpunk" ist dein einziges Album, das überwiegend negative Kritiken bekommen hat und von dem du nur einen einzigen Song als Evergreen ins Live-Programm übernommen hast. Für mich ist es aber eines der wichtigsten Alben, die ich je gehört habe.
Ich habe darin die Zukunft gehört.
Denn dein Album war auch deshalb so ungewöhnlich, weil es als eines der ersten in einem Home Studio ausschließlich mit einem Macintosh aufgenommen und anschließend im Internet mit Email-Adresse und eigener Software beworben wurde. Lieber William, du warst damit ein Pionier und deiner Zeit weit voraus, was zu diesem Missverständnis führte, es sei ein schlechtes Album.
Beeinflusst von der Cyberpunk-Bewegung, ausgelöst von deiner Begeisterung für William Gibsons "Neuromancer" und anderem, einer Bewegung übrigens, die zu dem Zeitpunkt fast bereits zu ihrem Ende gekommen war, hast du ein Konzept-Album entwickelt, das bis heute Bestand hat. Das sind dreizehn Songs, zusammengehalten von sieben Skits, insgesamt zwanzig Tracks, die das Wort Album verdienen.
Im Sommer 1993 habe ich "Cyberpunk" so oft gehört, dass ich noch heute die Songs mitsingen kann und dass ich mich bei jedem erneuten Anhören so fühle, als würde ich nach Hause kommen.
Dein Album ist auch deswegen so wichtig für mich, weil ich es mir bewusst ausgewählt hatte und im Vergleich zu anderen Alben sofort darin eintauchen konnte. Du musst wissen, ich bin ohne anspruchsvollem Musikgeschmack aufgewachsen, und mit allem musikalisch Guten, das an mich herangetragen wurde, konnte ich bis 1993 wenig anfangen.
"Cyberpunk" öffnete mich also nicht nur für deine ersten vier Album (die ich alle liebe), sondern auch für andere, künstlerisch konzipierte Musik. Ich weiß tatsächlich nicht, wie mein (musikalisches) Leben verlaufen wäre, wenn du "Cyberpunk" nicht veröffentlicht hättest. Ich danke dir von ganzem Herzen, William ... Billy (BFI), und ich freue mich auf dein nächstes Album, das wohl noch dieses Jahr erscheinen soll.
*Der Sonntag gehört meinen Lieblingswerken aus den Bereichen Film, Literatur, Musik, Malerei und Games.*
Hier ist der Videoclip zu "Shock to the System", der mich damals anfixte, das Album zu kaufen:
